Stefan Mertes ist 1990 im Alter von 23 Jahren nach Mauritius gekommen und hat dort im mehrfachen Sinne sein Glück gefunden – privat und beruflich. Er betreibt eine Textilfirma und ist Mitherausgeber des beliebten Internetportals „Info Mauritius„. Dazu und natürlich auch zum unterschiedlichen Lebensgefühl auf Mauritius und in Deutschland haben wir Stefan befragt.

Mit den Vorderreifen im Indischen Ozean – Interview mit Stefan Mertes, dem Herausgeber des Internetportals „Info Mauritius“

1. Stefan, stell dich bitte kurz vor und sag uns, wann du das letzte Mal an Deutschland gedacht hast?

– Stefan Mertes, geboren in Trier am 25.11.67, wohnte Nähe Trier und hatte dort das Zeug für die Hauptschule; wurde dann gelernter Holzmechaniker, verbrachte „sinnvolle“ 15 Monate bei der Marine in Flensburg, danach als Geselle in seiner alten Lehrfirma, bis zur ärztlich empfohlenen Umschulung, die aber abgewiesen wurde; wurde 6 Monate arbeitslos und somit als Langzeitarbeitsloser bei einer ArbeitsBeschaffungsMassnahme aufgenommen; ging von dort auf die Ile de la Réunion, gründete Ende 1990 auf Mauritius mit seinem Bruder und weiteren Partnern eine Siebdruckerei; vertrieb seine Marke „Pardon“ auf Mauritius; trennte sich Ende 1998 von seinem an der Firma beteiligten Bruder und führt nun mit Aline Wong seine Siebdruckerei; entwickelt seine eigene Sportware „mixed“. Er Administriert die „Info Mauritius“ Webpage und arbeitet unregelmässig mit einem amerikanischen Berater für Siebdruck in Europa. –

Das familiäre Leben entstand vor 4 Jahren, durch die „Aufnahme“ eines „Doppelpacks“; bereichert wurde das ganze vor zwei Jahren durch ein gemeinsames Kind.

Das letzte Mal dachte ich gestern an Deutschland, da ich für Ende Mai wieder von meinem amerikanischen Geschäftspartner eingeladen wurde.

2. Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an Deutschland denkst und was vermisst du an deiner alten Heimat?

Nieselregen. Bitte frag’ mich nun aber nicht warum, ist aber so. Was ich vermisse? Nun, sich mal auf die Schnelle ein Last-Minute-Ticket zu kaufen und abzuhauen! Oder mich einfach nur ins Auto zu setzen und zu fahren, fahren, fahren, ohne gleich hinter jeder Ecke mit den Vorderreifen im Indischen Ozean zu stehen.

3. Du bist 1990 im Alter von 23 Jahren von Deutschland nach Mauritius gegangen – was waren deine Beweggründe? Welche Vorstellungen hattest du?

Ich bin damals auf der Nachbarinsel La Réunion gelandet. Mein Bruder hatte dort eine Siebdruckerei und mir schon seit längerer Zeit eine Stelle angeboten. In Deutschland hatte ich eine ABM-Stelle als gelernter Holzmechaniker (Industrieschreiner). Die Aussicht, mein Leben lang Holzmechaniker zu bleiben, schien mir nicht gerade prickelnd. Das Einzige, was mich noch in Deutschland hielt, war die Beziehung zu meiner damaligen Freundin. Als die in die Brüche ging, fiel die Entscheidung für den Indischen Ozean. Erwartungen hatte ich erst keine, aber dieses Inselleben gefiel mir schon bei früheren Besuchen. Nach fünf Monaten entschieden wir uns, hier auf Mauritius unsere damals noch gemeinsam geführte Firma zu gründen. Dass ich jung war, nun sicher… hatte aber den Vorteil, dass ich keine Angst hatte. Heute würde ich das nie mehr so machen und vor allem musste ich eine Menge Lehrgeld bezahlen, was das Führen eines Geschäfts angeht.

4. Was ist für dich das Besondere an Mauritius?

Kurz und knapp: meine Familie! Früher die Möglichkeiten, die mir Mauritius gab selbständig zu arbeiten. Hier wachsen die Kinder gleich mit mehreren Sprachen auf und ich denke, da liegt die Zukunft: in Sprachen, Kommunikation. Ich denke auch, daß man in Mauritius seine Kinder viel einfacher großziehen kann: Strand, Sonne, das hat was. Dann andere Möglichkeiten, z.B. daß man sich ein Kindermädchen und Hilfe für den Haushalt leisten kann. Ich dachte schon oft, dass ich in Deutschland wohl nie eine Familie gegründet hätte, aber hier geht es wirklich noch.

5. Du bist Unternehmer, betreibst eine Textilfirma und bringst auch dein eigenes Label raus – was gehört für dich dazu, um auf Mauritius geschäftlich erfolgreich zu sein?

Durchhaltevermögen und Voraussicht. Und dass man mit der Mentalität der Menschen hier umgehen kann.

6. Hast du das Ziel, deine Sportsware auch in Deutschland zu verkaufen?

Nun, mein Ziel ist es nicht, die bekannteste Sportswaremarke der Welt zu werden. Ich möchte Designs entwerfen, die etwas aussagen. Somit dürfte ich nicht jedermann’s Geschmack treffen. Humor mag ich, aber wenn ich mit der Gestaltung der Sachen gleichzeitig noch zum Nachdenken anrege, dann wäre das wunderbar. Wenn sich die Möglichkeit mal bietet, würde ich auch in Deutschland verkaufen. Klar.

7. Die Internetplattform „Info Mauritius“ ist mit seinem Forum und den dort registrierten über 600 Usern eine der umfangreichsten, unterhaltsamsten und informativsten Internet Community’s zu Mauritius. Wann ist dir die Idee zu deinem Internetportal, gekommen?

Die Idee zu „Info Mauritius“ habe ich gemeinsam mit einem Freund entwickelt. Ich hatte immer Anfragen von Freunden oder Bekannten, die ich übers Internet kennenlernte. Meistens waren die auf der Suche nach günstigen Unterkünften auf der Insel und nach allgemeinen Informationen. Mein Freund arbeitet im Tourismusbereich. Mauritius besitzt eine hochklassige Hotellerie. Nach oben sind hier keine Grenzen gesetzt. Aus eigener Erfahrung wissen wir aber, dass nicht jeder diese Art von Urlaub bevorzugt. Viele möchten Mauritius auf eine mehr individuelle Art kennen lernen. Leider ist es aber schwierig, ohne Kontakte an eine der vielen günstigen, privaten Unterkünfte zu kommen. Wir kennen uns auf Mauritius aus. Somit kam die Idee, günstige Quartiere, die so nicht im deutschen Reisebüro angeboten werden, Online zu stellen. Unser Ziel war es, die Webseite sehr bedienerfreundlich zu gestalten. Schnell Informationen finden, sich innerhalb dieser Seite unkompliziert bewegen und das Augenmerk auf das Wesentliche zu richten, haben für uns höchste Priorität. Aus diesem Grund verzichteten wir auf aufwendige Animationen, übermäßig viele Bilder und ähnliche ‚Bremser‘. So angefangen, hat sich unser Angebot weiterentwickelt. Mittlerweile findet man bei uns fast alles, was man für einen Urlaub auf Mauritius wissen muss. Mit Forum, Webcam, Wetterstation, Bilderalbum und einer wunderbaren Community.

8. Apropos Community – Es leben ja doch einige Deutsche auf Mauritius. Trifft man sich? Hat man Kontakt zueinander?

Ja, es gibt schon mehrere Deutsche hier, aber man trifft sich nicht, weil man Deutscher ist, sondern wohl eher da man sich versteht. Durch unser Forum habe ich Deutsche kennengelernt, die ich bis dato nicht kannte, aber eine richtige Community wird sich wohl nicht daraus bilden. Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß sich jemand dies wünscht. Ich wohne ja nicht im Ausland um nur deutsche Freunde um mich zu haben.

9. Wenn du Freunde aus Europa zu Besuch hast, an welche Plätze auf der Insel führst du die?

Also da gibt es meine festgefahrene Rennstrecke: Flic-en-Flac – rauf nach Chamarel – Besuch der Colored Earth – weiter hoch zur Black River Gorges – 10 Minuten Zeit in die Tiefen zu schauen – zurueck nach Chamarel – dort ins Restaurant und diesen wahnsinnigen Blick auf die Ile de Benitier geniessen. Dann weiter runter zum Le Morne, einmal halb herum und wieder zurück – weiter Richtung Südosten, die ganze Strecke rauf nach Gris Gris – ich finde diese Strecke von Le Morne bis Gris Gris ist die schönste der Insel. So stelle ich mir Mauritius vor 20 Jahren vor. Dann wieder ab nach Hause. Für den Rest des Urlaubs werde ich dann nicht mehr gefragt, weitere Plätze zu besuchen, denn nach der Tour sind meine Gäste immer total fertig.

10. Was wünschst du Mauritius für die nächste Zeit?

Daß sie es schaffen, die Probleme in der Zucker- und Textilindustrie durch etwas Neues zu kompensieren, damit kein soziales Loch entsteht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Internetportal „Info Mauritius“ gehört insbesondere mit seinem Forum zu den täglichen Links, die ein Mauritius Liebhaber aufrufen muss.