Die KSP Kite Surfing World Tour startete 2011 am berüchtigten One Eye Riff in Le Morne und mit einer Überraschung. Die Wildcard-Teilnehmerin Ninja Bichler (©Foto FLORA BICKICH) schaffte es bei den Damen ganz nach oben auf das Treppchen. Ninja, die auf Mauritius lebt, feierte nicht nur ihren ersten Profi-Sieg überhaupt, sie beantwortete uns auch einige Fragen in einem entspannt lockeren und sehr persönlichen Interview.

„Jeder kann ein Kitesurfer sein“ – Interview mit Ninja Bichler, Weltcupsiegerin und Assistant Manager, Windsurf- & Kitesurflehrerin am Club Mistral auf Mauritius

Ninja, auch wenn es schon ein paar Tage zurück liegt: Herzlichen Glückwunsch zu deinem ersten Sieg auf der World Tour, noch dazu vor deiner Haustür! Sicher ein unbeschreibliches Gefühl…

Danke! Ja du hast recht es ist wirklich ein unbeschreibliches Gefühl auf dem Treppchen ganz oben zu stehen. Vor allem in meinem Homespot und in einem Worldcup noch dazu! Ich war selber so überrascht von meinem Sieg, dass ich einige Zeit brauchte um es zu realisieren was eigentlich abgeht!

Wie hast du den Wettkampf erlebt, wann hast du gespürt, dass du gewinnen kannst?

Ich hatte mich anfangs gar nicht für den Worldcup eingeschrieben. Mir war nicht klar, dass auch eine Amateurin wie ich überhaupt mitfahren kann. Mit einer Wildcard ist das jedoch möglich. Erst als Kristin Boese mich darauf aufmerksam machte und sagte ich solle doch dabei sein, entschloss ich mich dazu. Wer würde so eine Gelegenheit nicht am Schopf packen? An einem Worldcup teilnehmen – diese Chance hat man nicht oft. Für mich war es getreu dem Motto „Dabei sein ist alles!“ nur wichtig überhaupt anzutreten. In meinen Augen hatte ich nie eine Chance auf die ersten drei Plätze. Natürlich träumt man davon und sagt zu sich „Cool wäre es schon zu gewinnen, so als no Name!“ Doch der Gedanke war mir nicht wichtig und wird ohnehin schnell von einem anderen verdrängt: „Hey du trittst dort gegen die Weltelite an! Also komm mal wieder runter von Wolke 7 Ninja!“

Mitu Monteiro und andere Jungs die schon früher zum trainieren hier waren und mich fahren sahen, sagten „Hey du hast echt gute Chancen Ninja!“ Und ich antwortete nur „Jaja…“ Ich dachte sie wollten mich nur aufmuntern. Außerdem, wenn man die Forecast sah mit dem Swell – wow dann ging einem erstmal die Muffe sausen – Hahaha! In so großen Wellen bin ich nie vorher gefahren. Ich geh meistens bei 2-3 Metern, vielleicht mal bisschen mehr. Aber im Contest waren Manche Wellen 20 Fuß, dass sind 6,5 Meter! Das hab ich erst alles realisiert als ich die Bilder und Clips hinterher sah. Im Wettkampf war ich zu fokussiert und voll mit Adrenalin. Der größte Erfolg war für mich als ich das Halbfinale gewann und dann realisierte ich auch: „Jetzt gewinn ich den Cup und schnapp mir den ersten Platz!“ Mein lokaler Fanclub stand dabei auch voll hinter mir und hat mich unterstützt!

Was ändert sich nach so einem Sieg – kannst du das für dich schon abschätzen?

Nach dem Sieg bekam ich so viel Post, wie noch nie in meinem Leben. Das war ein sehr schönes Gefühl zu erfahren, dass so viele Leute hinter einem stehen, mit Begeisterung dabei waren und sich mit mir freuen konnten. Das hat mich sehr stolz gemacht. Ich wollte dann auch die Tour weiter fahren, was mir allerdings erstmal von der Ksp abgelehnt wurde. Das fand ich ein bisschen frustrierend. Gleichzeitig realisierte ich aber auch, dass ich Kitesurfe weil ich den Sport liebe und nicht um Wettkämpfe zu gewinnen und so war mir die Tourabsage gar nicht mehr wichtig. Vielleicht hab ich es deshalb überhaupt auch nur so weit geschafft. Weil ich völlig abgeschaltet habe. Für mich gab es keine Jury. Ich blendete das voll aus. Ich fuhr einfach so wie immer. So wie mein Mann und ich gemeinsam Kiten gehen, mit viel Leidenschaft und Enthusiasmus! Ich bin noch ganz die Ninja, nicht abgehoben oder so. Man darf so einen Sieg schon genießen und feiern, doch man sollte auf dem Teppich bleiben oder auf dem Sand, in meinem Fall!

Bei meinen Recherchen hab ich en Eindruck gewonnen, dass du schon immer surfst oder kitest. Wie hat dich dieser Sport gepackt, wie fing alles an, was waren deine bisherigen Stationen, was sind deine nächsten Ziele? Erzähle uns etwas mehr von dir.

Ich bin mit dem Wassersport groß geworden, hinein gewachsen kann man sagen. Mein Vater hat schon sehr lange, seit den Anfängen des Windsurfens, eine Wassersportschule auf Korsika und von Baby an bis in meine Jugend wuchsen mein Bruder und ich dort auf. Wir verbrachten fast 6 Monate jedes Jahr da. Meiner Mutter gehört der Club Mistral. Wenn sie auf Geschäftsreise ging fuhren wir oft mit nach Spanien, in die Karibik, nach Ägypten, in die Türkei…

Richtiges Interesse am Windsurfen und am Wassersport entwickelte ich allerdings erst mit 16. Jahren. Davor wollte ich immer anders sein und nicht Windsurfen wie meine ganze Familie. Ich interessierte mich sehr für Tiere, insbesondere Pferde – so wie wohl fast alle Mädchen. Doch das Fieber packte dann auch mich! So tauschte ich den Sattel gegen ein Surfboard. Meine erste Bekanntschaft mit dem Kitesurfen machte ich schon 1999 ganz zu Beginn des Sports, in Tarifa. Aber es war noch zu sehr Kamikaze-Kiten. Damals wurde ich über den ganzen Strand gezogen. Es gab kein Depower oder Safety. Richtig begann ich dann 2005 zu Kiten und in der Welle so vor 2 Jahren. Seit ich in der Welle fahre mach ich nur noch das. Das Twintip hab ich verkauft. Ich geh auch noch Windsurfen ab und zu und Wellenreiten wenn es kein Wind hat. Man kann sagen ich brauch jeden Tag meine Dosis Wind und Meer und vor allem Wellen!

Meine erste Station war Dahab in Ägypten, für den Club Mistral natürlich. Damals war ich erst 18 Jahre alt und mein Freund Yann leitete dort die Station. Ich flog also alle paar Wochen zu ihm und absolvierte nebenbei mein Studium in München. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, dafür bin ich sehr dankbar. In den Sommerferien arbeitete ich dann das erste Mal am Club Mistral, das war im Jahr 2000. Nach meinem Abschluss in Fremdsprachen, gingen wir gemeinsam auf die Kapverden. Eigentlich kenne ich fast alle Club Mistral Center, aber ich hab nicht überall gearbeitet. Denn ich fand schnell heraus dass Mauritius der beste Spot der Welt ist und so musste ich fast schon zwangsläufig hier her. Wenn man etwas wirklich ehrlich möchte, dann kann man es auch bekommen. Wie man doch so schön sagt: „Der Wille versetzt Berge!“

Wer sind deine Partner, mit welchem Material arbeitest du?

Ich bin ausgestattet mit North Kiteboarding und bin sehr froh darüber. Das ist eine sehr professionelle Firma und sie haben mir gleich ihre Unterstützung zugesagt. Am Club Mistral auf Mauritius sind North Kiteboarding auch unser Partner. Von Anfang an und nun schon seit 10 Jahren.

Seit wann lebst du auf der Insel und wie und warum hat es dich ausgerechnet nach Mauritius verschlagen?

Mauritius ist ja nicht gerade das nächste Ziel. Von Europa aus gesehen fast am andern Ende der Welt. Man fliegt 12 Stunden hier her. Ich lebe seit 2008 auf Mauritius. Vorher kam ich schon mal in den Urlaub und man braucht nicht lang um zu verstehen, dass es eine tolle Insel ist. Noch dazu lernte ich meinen Mann hier kennen und er ist genau so ein begeisterter Wassersportler wie ich. Das passt perfekt. Wir sind auf einer Wellenlänge!

Was macht Mauritius als Kite-Destination besonders? Welche Reviere bieten sich zum Kiten an?

Wir leben hier an einem sensationellen Spot. Das besondere ist die Kombination von allen Bedingungen an einem Platz (Le Morne) und Wind fast das ganze Jahr! Flachwasser, Wellen, Onshore Wind, Sideshore, Windsurfen, Kiten, Surfing, Sup… Man kann lange schwärmen. Wer noch nie hier war sollte es mal ausprobieren! Als Kite Neueinsteiger ist der beste Spot die Kitelagune, direkt am Fuß des Berges Le Morne Brabant. Hier haben wir eine zweite, kleinere Station nur für Kiteschulungen. Der Wind ist dort onshore und man kann immer und überall stehen. Die Kulisse ist wirklich atemberaubend. Wenn man schon hin und her fahren und Höhe nehmen kann, empfiehlt sich das Wasser vor dem Main Center, mit Sideshore Wind. Für Welleneinsteiger ist das kleine Riff ganz gut, oder Manawa. One-eye ist eher was für erfahrene Kiter. Dann gibt es auch noch Chameaux. Das ist in den Nähe von One-eye und der Wind ist weniger ablandig.

Wann ist die beste Jahreszeit zum kiten auf Mauritius?

Mittlerweile kann man fast das ganze Jahr gut Kiten. Ich weiß nicht ob es an der globalen Erwärmung liegt, viele schieben es darauf. Der Januar war die letzten Jahre immer der beste Monat in meinen Augen, obwohl das schon touristische Nebensaison ist. Aber gerade das macht den Monat für mich attraktiv: es ist sehr wenig los, das Wasser hat 28°C und man kann dann im Bikini kiten! Was willst du mehr! Den Statistiken zu folge ist es allerdings am besten zwischen Juni und Dezember.

Lass uns zum Abschluss des Interviews noch an einem besonderen Moment teilhaben, den du beim Kiten erlebt hast.

Mit dem Kitesurfing hab ich schon viele wunderbare Momente erlebt. Ein ganz besonderer war natürlich der Kiteworldcup! Dieser Moment und diese Erfahrung hat mich noch mehr motiviert. Es wäre schön, wenn noch mehr Mädels anfangen zu kiten. Es ist kein Kraftsport und ich bin mir sicher es verstecken sich unentdeckte Talente dort draußen. Das Material wurde immer besser und sicherer. Jeder kann ein Kitesurfer sein. Man muss dafür nicht 20 Fuß Wellen reiten, sondern einfach Spaß haben und es genießen!

Und was wünscht du Mauritius für die nächste Zeit?

Ich wünsche Mauritius viel Wind und Wellen!

Vielen Dank für das Gespräch!