Das Musik­thea­ter hat eine gewis­se Tra­di­ti­on auf Mau­ri­ti­us. Die fran­zö­si­schen und bri­ti­schen Kolo­ni­al­her­ren hat­ten Opern­häu­ser bau­en las­sen und bis zur Unab­hän­gig­keit der Insel 1968 wur­de die Opern­kul­tur auch gepflegt. Nun soll sie wie­der auf­le­ben. Das all­jähr­li­che Operfes­ti­val ist dafür von gro­ßer Bedeu­tung, wie auch Ant­je All­rog­gen in ihrem Bei­trag berichtet.

La Tra­via­ta auf Mauritius
Wie Mau­ri­ti­us Kon­zer­te und Opern auf die Insel lockt
Von Ant­je Allroggen

Seit­dem Mau­ri­ti­us 1968 poli­tisch unab­hän­gig gewor­den ist, wur­den alle kul­tur­his­to­ri­schen Bau­ten zu stein­ge­wor­de­nen Sym­bo­len für kolo­nia­le Zwän­ge, von denen sich die wech­seln­den Regie­run­gen schnell befrei­ten. Die euro­päi­schen Wur­zeln wur­den ver­nach­läs­sigt, wenn nicht gar gekappt, statt­des­sen nach einer gemein­sa­men kreo­li­schen Iden­ti­tät gesucht. Erst seit eini­gen Jah­ren gibt es auf der ehe­ma­li­gen Ile de France weni­ge Initia­ti­ven, die sich mit unter­schied­li­chen Aspek­ten der Kolo­ni­al­ge­schich­te von Mau­ri­ti­us aus­ein­an­der­set­zen. Eine davon ist ein klei­ner pri­va­ter Ver­ein, der den kul­tur­po­li­tisch durch­aus muti­gen Ver­such unter­nimmt, die Opern­tra­di­ti­on von Mau­ri­ti­us wiederzubeleben.

Auf Mau­ri­ti­us inter­es­siert man sich sehr für die Oper, für die Ope­ret­te. Vie­le sin­gen sehr gern, die Musik spielt offen­sicht­lich eine gro­ße Rol­le für die Ein­hei­mi­schen. Sicher hat das mit der kul­tu­rel­len Geschich­te der Insel zu tun, in der der Gesang eine wich­ti­ge Rol­le spielte,”

… sagt Paul Olsen, der Mann, durch den die Oper wie­der nach Mau­ri­ti­us kam. Bevor er 2009 eine gemein­nüt­zi­ge mau­ri­ti­sche Kul­tur­för­de­rung grün­de­te, ver­kauf­te er Fern­seh­an­ten­nen und bau­te das größ­te Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons-Unter­neh­men der Insel auf. Vor drei Jah­ren ver­kauf­te er sei­ne Fir­ma, um sich mit dem frei gewor­de­nen Geld end­lich sei­nen Traum zu erfül­len, die euro­päi­sche Kul­tur nach Mau­ri­ti­us zurück­zu­ho­len. Kon­kret wur­de sein Plan, als es vor drei Jah­ren die deut­sche Sopran­sän­ge­rin Kat­rin Cai­ne der Lie­be wegen von Mün­chen nach Mau­ri­ti­us ver­schlug. Zuvor hat­te sie zehn Jah­re lang am Staats­thea­ter am Gärt­ner­platz gesun­gen und sich einen Namen als Stimm­bild­ne­rin gemacht.

Als ich ent­schie­den habe, dass ich hei­ra­ten wer­de und nach Mau­ri­ti­us zie­hen wer­de, muss­te ich ja schau­en, was ich als Sän­ge­rin hier mache. Dann habe ich Paul Olsen getrof­fen, und wir haben gemein­sam bespro­chen, was man machen kann.”

Mit gesang­li­cher Unter­stüt­zung aus dem euro­päi­schen Aus­land wur­de auf Mau­ri­ti­us 2009 Bizets Oper “Die Per­len­fi­scher” auf­ge­führt. Ein exo­ti­scher Stoff, mit dem sich die ein­hei­mi­sche Bevöl­ke­rung sofort iden­ti­fi­zie­ren konn­te. 2010 folg­te Bizets “Car­men”, und im ver­gan­ge­nen Jahr muss­te das Fes­ti­val pau­sie­ren, weil sich nicht genü­gend Geld­ge­ber fanden. 

In die­sem Sep­tem­ber wird die Oper “La Tra­via­ta” nun — um ein Jahr ver­spä­tet — auf Mau­ri­ti­us auf­ge­führt. Eine Oper, die auf der Insel zum ers­ten Mal 1877 gespielt wurde. 

Ich wer­de die Vio­let­ta sin­gen, übri­gens für mich zum aller­ers­ten Mal. Das ist sehr auf­re­gend, es ist eine wirk­lich schö­ne Rol­le, und ich bin schon ganz gespannt auf die Auf­füh­rung. Die Pro­ben lau­fen gut.”

Véro­ni­que Zuel-Bun­ga­roo ist neben Kat­rin Cai­ne die renom­mier­tes­te Sän­ge­rin der Insel. Bevor es die Ope­ra Mau­ri­ti­us gab, war sie gezwun­gen, vor allem im Aus­land zu gas­tie­ren. Die meis­ten Musi­ker auf Mau­ri­ti­us sind Ama­teu­re, wie auch Céd­ric Anne. Acht Stun­den am Tag arbei­tet er als Finanz­dienst­leis­ter, erst danach kann er sich dem Kon­tra­bass-Spiel widmen. 

Das ist nicht ein­fach. Ich kann noch nicht ein­mal an Prü­fun­gen teil­neh­men, weil mei­ne Tech­nik nicht aus­ge­reift genug ist. Hier gibt es kei­nen wirk­lich guten Leh­rer. Also blei­be ich ein Ama­teur­mu­si­ker, kein professioneller.”

Um künf­tig mehr pro­fes­sio­nel­le Musi­ker her­an­zu­zie­hen, hat Ope­ra Mau­ri­ti­us vor allem in den benach­tei­lig­ten Vier­teln der Insel Musik­schu­len ein­ge­rich­tet. Vor­bild ist die erfolg­rei­che Initia­ti­ve “El Sis­te­ma” aus Venezuela. 

Schon nach drei Jah­ren fährt das Fes­ti­val, das in der Regel alle zwei Jah­re statt­fin­det, vie­le Erfol­ge ein: Die Kar­ten für “La Tra­via­ta” sind fast aus­ver­kauft. Weil auch Tou­ris­ten aus dem euro­päi­schen Aus­land zu den Ver­an­stal­tun­gen erwar­tet wer­den, pro­fi­tiert inzwi­schen die gesam­te Insel von der Wie­der­be­le­bung der Oper. 

Wohl des­halb hat sich die Regie­rung vor Kur­zem dazu bereit erklärt, einen Mas­ter­plan für den Wie­der­auf­bau des Thea­ters von Port Lou­is in Auf­trag zu geben.

Über die Autorin:

Ant­je All­roggen hat an den Uni­ver­sitäten Bonn und Nan­cy (Frankre­ich) Kun­st­geschichte, Philoso­phie und Kom­para­tis­tik stu­diert. Seit dem Jahr 2000 arbei­tet sie als Kul­tur– und Reise­jour­nal­istin für diver­se ARD-Hör­funk­an­stal­ten, vor allem für den Deutsch­land­funk. Jour­nal­is­tis­che Stipen­dien führ­ten sie unter ande­rem nach Marok­ko und an die Duke Uni­ver­sity in North Car­olina / USA. Mit ihrem Mann und ihren bei­den Töch­tern (zwei und acht Jah­re) lebt sie für ein Jahr in Grand Baie/ Mauritius.

Vie­len Dank an Frau All­roggen und den Deutsch­land­funk, die uns erlau­ben, die großar­ti­gen Geschich­ten und Bei­trä­ge für unse­re Leser zu veröffentlichen!