Die Fas­zi­na­ti­on des Mee­res an den Küs­ten von Mau­ri­ti­us ganz inten­siv erle­ben — Fei­ne Sand­strän­de, ein­sa­me Lagu­nen und far­ben­präch­ti­ge Koral­len­rif­fe — Ein inter­es­san­tes Hin­ter­land macht Lust auf Aus­flü­ge und Golf…” Das schreibt Kat­ja Tam­chi­na über Mau­ri­ti­us.

Die stu­dier­te Poli­to­lo­gin und Absol­ven­tin der Axel-Sprin­ger-Jour­na­lis­ten­schu­le arbei­te­te als freie Autorin für die Welt, wo die­ser Arti­kel ver­öf­fent­licht wur­de. Sie arbei­te­te als freie Fern­seh-Autorin für ver­schie­de­ne Pro7-For­ma­te (“BIZZ” und “taff. Spe­zi­al”) und Fren­se­h­au­to­rin der deut­schen Wel­le. Wir freu­en uns, den Arti­kel ver­öf­fent­li­chen zu kön­nen. Vie­len Dank!

“Far­ben­spiel weckt Insel­sehn­sucht” von Kat­ja Tamchina

Mor­gen­stun­de am Indi­schen Oze­an. Wei­ße Yach­ten düm­peln in der blau­en Lagu­ne, zwei Jog­ger lau­fen Sla­lom um die ange­schwemm­ten See­igel, und die Kokos­nuss­pal­men wer­fen ihre Schat­ten auf den gehark­ten Sand. Sehn­suchts­des­ti­na­ti­on Mau­ri­ti­us. Kei­ne Insel für noto­ri­sche Nacht­schwär­mer — dafür gibt es viel zu weni­ge Clubs. Auch kei­ne Insel für rast- und ruhe­lo­se Sight­see­ing­tou­ris­ten — dafür ist sie viel zu klein (70 Kilo­me­ter von Nord nach Süd und 60 Kilo­me­ter von Ost nach West). Aber gera­de die Über­schau­bar­keit hat ihren Reiz: “Frei­zeit­stress” ist auf Mau­ri­ti­us ein Fremd­wort, denn die Gäs­te sol­len sich hier erho­len. Und sich ver­wöh­nen lassen.

Früh­stück auf der über­dach­ten Ter­ras­se des Sofi­t­el Impe­ri­al an der West­küs­te. “Mau­ri­ti­sche Kell­ner sind sehr für­sorg­lich”, erklärt Jonas, Per­so­nal­aus­bil­der im Impe­ri­al. Und tat­säch­lich ist mei­ner erst zufrie­den, als er mir den am Buf­fet zusam­men­ge­stell­ten Tel­ler mit fri­scher Papa­ya und Ana­nas abge­nom­men und zum Tisch getra­gen, den Stuhl unter den Po gescho­ben und die rote Stoff­ser­vi­et­te akku­rat über den Schoß gebrei­tet hat. In den wei­ßen Por­zel­lan­tas­sen dampft mau­ri­ti­scher Vanil­le­tee, die Spat­zen auf der Veran­da­brüs­tung hof­fen auf Crois­sant-Krü­mel — der Tag kann kommen.

Aus­flug in den Süden. An einer Bus­halts­stel­le mit­ten in den Zucker­rohr­fel­dern war­tet eine alte Inde­rin im gel­ben Sari. Kein unge­wöhn­li­ches Bild, schließ­lich hat die Insel ihrer kolo­nia­len Ver­gan­gen­heit eine beein­dru­cken­de eth­ni­sche und kul­tu­rel­le Viel­falt zu ver­dan­ken. Auf Mau­ri­ti­us leben Inder, Kreo­len, Chi­ne­sen und Euro­pä­er fried­lich mit- und neben­ein­an­der. Ver­bin­den­des Ele­ment ist die offi­zi­ell nicht aner­kann­te, stark an das Fran­zö­si­sche ange­lehn­te Lan­des­spra­che Cré­o­le, die fast alle 1,2 Mil­lio­nen Mau­ri­tier spre­chen. Auch die mau­ri­ti­sche Küche ist eine Syn­the­se aus kreo­li­schen, indi­schen, chi­ne­si­schen und medi­ter­ra­nen Ein­flüs­sen. Doch im pri­va­ten Bereich blei­ben die meis­ten Grup­pen unter sich; Misch­ehen sind auf der Insel eine eher sel­te­ne Erscheinung.

Wenn man es genau nimmt, ist auf Mau­ri­ti­us kaum etwas “typisch mau­ri­tisch”, weder die Men­schen, die Küche, noch die Vege­ta­ti­on. Die pini­en­ähn­li­chen Fila­os, die einen Groß­teil der Strän­de säu­men, stam­men aus Aus­tra­li­en, und die mitt­ler­wei­le zahl­reich auf der Insel wach­sen­den Kokos­pal­men haben die Fran­zo­sen vor Jahr­hun­der­ten von Mada­gas­kar mit­ge­bracht. Jonas, Mau­ri­tier indi­scher Abstam­mung, der nach sei­nem Stu­di­um in Eng­land wie­der auf die Insel zurück­ge­kehrt ist, erklärt lachend: “Unse­re Ver­wal­tungs­spra­che ist Eng­lisch, wir spre­chen Fran­zö­sisch, den­ken Cré­o­lisch und hören auf der Stra­ße Indisch und Chi­ne­sisch — also, wenn es ver­wir­rend ist, dann ist es typisch mauritisch.”

Der Mar­ché Cen­tral in Port Lou­is. Klei­ne Päck­chen mit Vanil­le, Kar­da­mon und Safran lie­gen neben getrock­ne­ten und gesal­ze­nen Fischen. Einen Gang wei­ter gibt es hand­ge­fer­tig­te Korb­taschen in wun­der­schö­nem Grün, Blau oder Brom­beer­rot, indi­sche Saris, Holz­schmuck aus Afri­ka. Und über­all ner­ven­de Händ­ler, die einem gleich laut ges­ti­ku­lie­rend drei T‑Shirts in XXL ent­ge­gen­hal­ten, wenn man auch nur einen Blick auf ihre Aus­la­gen ris­kiert. Auf dem Zen­tral­markt kau­fen über­wie­gend Tou­ris­ten — die Ein­hei­mi­schen bevor­zu­gen das moder­ne Ein­kaufs­zen­trum “Le Cau­dan Water­front”, nur weni­ge Geh­mi­nu­ten vom Zen­tral­markt ent­fernt. Neben zahl­rei­chen Beklei­dungs­lä­den gibt es hier auch den “Craft Mar­ket”, eine gute Alter­na­ti­ve für den Geschen­ke- und Sou­ve­nirein­kauf. Kör­be, Gewür­ze und Kunst­hand­werk sind hier viel­leicht etwas teu­rer als unter frei­em Him­mel, dafür kann man aber in aller Ruhe aussuchen.

Gol­fer haben die Insel längst als immer­war­mes Rei­se­ziel für sich ent­deckt, und obwohl auf­grund bri­ti­scher Kolo­ni­al­ge­schich­te der klei­ne wei­ße Ball schon seit lan­ger Zeit auf der Insel gespielt wird, ist Golf auf Mau­ri­ti­us eine ver­gleichs­wei­se jun­ge Attrak­ti­on für Tou­ris­ten. Anfang der Neun­zi­ger gab es ledig­lich einen ein­zi­gen 18-Loch-Platz!

Die Bri­ten (wer sonst?) hat­ten sich schon Anfang des 19. Jahr­hun­derts unge­fähr in der geo­gra­fi­schen Mit­te des Eilands eine gro­ße Sport­an­la­ge geneh­migt, vor­nehm­lich, um Polo zu spie­len. Ana­log zu ihren indi­schen Kolo­ni­al-Sport­plät­zen nann­ten sie die Stät­te der Zer­streu­ung eben­falls “Gymkha­na” — mit Abzug der Navy ist die­se sport­li­che Enkla­ve seit 1973 wie­der hun­dert­pro­zen­tig in zivi­ler Hand. Gäs­te kön­nen auf Nach­fra­ge hier im Mau­ri­ti­us Gymkha­na Club bei Vaco­as, eben­falls mal Holz und Eisen (oder auf einem der Lawn-Ten­nis-Rasen­plät­ze das Racket) schwingen.

Wei­te­re 18-Loch-Plät­ze bie­ten etwa die Resort-Hotels Le Para­dis oder Bel­le Mare Pla­ge, das gleich mit zwei voll­wer­ti­gen Cour­ses den Golf­gast ver­wöhnt: der anspruchs­vol­le Meis­ter­schafts­platz The Legends Golf Cour­se, vor fast genau zehn Jah­ren eröff­net (und all­jähr­lich auch Aus­tra­gungs­ort der Mau­ri­ti­us Open), und der erst vor einem Jahr ein­ge­weih­te Links Cour­se. Ein fünf­ter 18-Loch-Platz ist erst seit ver­gan­ge­nen Monat auf der Ile aux Cerfs bespiel­bar. Wer etwas Insel­all­tag auf einem Golf­platz erle­ben will, ist im Dodo Club bei Cure­pi­pe rich­tig, wo vor­nehm­lich die (jun­ge) wei­ße mau­ri­ti­sche Bevöl­ke­rung Zer­streu­ung bei Golf, Rug­by, Hockey, Ten­nis oder Bridge fin­det. Ansons­ten bie­tet Mau­ri­ti­us zusätz­li­che fünf Neun-Loch-Cour­ses: bei den Hotels St. Géran, Trou Aux Biches, Shandra­ni, Mari­tim und Sofi­t­el Imperial.

Blaue Stun­de in der Bar eben jenes Sofi­t­el Impe­ri­al. Die stoff­be­zo­ge­nen Ses­sel schim­mern matt in der Abend­son­ne, über­all hängt der Duft von San­del­holz-Räu­cher­stäb­chen. Kell­ner rei­chen frit­tier­tes Gemü­se und gebra­te­ne Gar­ne­len mit Chi­li-Sau­ce. Und gleich hin­ter­her Weiß­brot für eini­ge mit­tel­eu­ro­päi­sche Gäs­te, die die wür­zi­ge Schär­fe der mau­ri­ti­schen Küche unter­schätzt haben. Jonas nimmt einen Schluck Cam­pa­ri. “Mau­ri­ti­us ist von der Flä­che her zwar nur so groß wie Ber­lin, und ent­spre­chend ein­ge­schränkt sind die beruf­li­chen Mög­lich­kei­ten. Aber es ist vor allem die­se ech­te Gast­freund­schaft, wegen der ich Mau­ri­ti­us nie­mals ver­las­sen werde.”